www.introspektiva.de - Tobias Jeckenburger: Die Reise des Kosmos - Online-Diskussion - KLuW e.V.: Die Wirklichkeit psychischer Krankheiten

Stiftet oder steigert geistiges Heilen bei psychischer Erkrankung Verwirrung? (S.S.)


Meiner Beobachtung nach haben Psychoseinhalte ganz viel mit der Persönlichkeit und dem Leben des Betroffenen zu tun. Ein eingefleischter Atheist wird demnach keine Marienerscheinung in einer Erkrankungsphase haben; ein Heroinabhängiger in psychotischen Zeiten vermutlich verrückte Vorstellungen entwickeln, die im Drogenmilieu spielen. Ich denke, dass ein psychisch Erkrankter ohne spirituelle Neigung ebenso desinteressiert bis ablehnend auf Aussagen und Angebote aus dem Gebiet der Esoterik reagiert, wie es ein gesunder Mensch ohne Draht zu Sinneswahrnehmungen außerhalb des normalen Bereiches tut.

Verfechter der Schulmedizin werden sich mit der zurzeit gültigen Erklärung zur Anfälligkeit für psychische Erkrankungen, dem Vulnerabilitäts-Stress-Modell, und den daraus resultierenden Behandlungsmethoden, in der Regel Einnahme von Psychopharmaka, zufrieden geben. Anderen ist dies zu kurz gesprungen. Anhänger alternativer Heilmethoden werden zumindest begleitend zu homöopathischen Mitteln, Bach-Blüten oder Schüßler-Salzen, für deren Wirksamkeit es keine wissenschaftlichen Beweise gibt, greifen, um Krankheitssymptome lindern oder beseitigen zu wollen.

Ich kann mir vorstellen, dass religiöse Erkrankte Halt in ihrem Glauben und ihrer Kirchengemeinde erfahren. Möglicherweise finden Betroffene erst in der Auseinandersetzung mit der Erkrankung zum Glauben, was meiner Überzeugung nach dann eine Entdeckung von etwas ist, was bereits vor der Erkrankung schon in ihnen angelegt war. Genauso vermute ich es mit dem Verhältnis zur Esoterik. Wer in Zeiten persönlicher Gesundheit Handauflegen und Pendeln für hochgradigen Quatsch hält, wird in einer psychischen Krise seine Situation kaum dadurch verbessern wollen, dass er sich mit der, vermeintlich, heilenden Wirkung von Zahlen auseinandersetzt.

Und wenn doch, was soll es Schlimmes anrichten? Dass ein Zuckerkügelchen mit einer durch -zigfache Verdünnung nicht mehr nachweisbaren Substanz heilende Wirkung haben soll, erscheint mir ebenso absurd wie der Gedanke, abstrakte, mathematische Objekte könnten meine Gesundheit beeinflussen. Eine nicht unerhebliche Zahl an Menschen ohne psychiatrische Diagnose aber schwört auf die eine oder andere alternative Behandlungsmethode und kommt damit bestens durchs Leben. Warum sollte das bei psychisch Erkrankten anders sein? Entweder bin ich für Sichtweisen außerhalb der Schulmedizin zugänglich oder nicht.

Wenn jemand seine Schlaflosigkeit durch Schlucken von Globuli und seine Ängste durch das Auflegen eines Zettels mit einer bestimmten Zahl in den Griff kriegt, finde ich das wunderbar!
(Sylvia Spiegel)