Hartes Leben (P.F.)
2007 war die Beerdigung meines Erzeugers. Hermann hieß er, der Kerl war die reinste Missgeburt. Der Pastor kam zu meiner Stiefmutter, seiner zweiten Frau, wegen der Grabrede ins Haus. Ich war dabei und fing sofort an und sagte: „Der hat überhaupt keine Beerdigung verdient. Das Schwein, des Teufels Sohn, mich hat er missbraucht, meine Stiefmutter hat er auf den Strich geschickt.“ Und meine Stiefmutter gleich hinterher: „Hermann, du Schwein, du alte Missgeburt, du Wichser, du Arschloch, du hast gar nichts verdient. Warum hast du das Pauline angetan?“
Sie nahm seine Zigarettenschachtel – Rote Hand ohne Filter – und schmiss sie in den Sarg. Einen alten Pulli, eine alte Hose und keine Socken gab es für ihn. Er hätte nur eine Socke gebraucht, weil er nur noch ein Bein hatte. So kam er in den Sarg und dann in die Urne. Auf seinem Sarg habe ich noch vor Wut herumgekloppt. Der Pastor war entsetzt und geschockt, und völlig verzweifelt überlegte er, was er in seiner Grabrede sagen soll. Aber es kam zur Beisetzung sowieso keiner. Hermann hatte keine Freunde, mit seiner Bösartigkeit hat er sich nur Feinde gemacht. Trauerfeier konnte man hier wörtlich nehmen, alle waren heilfroh, das er endlich weg war. Der Psychoterror und seine Schweinereien waren beendet. Bei der Beerdigung war ich gar nicht dabei, aber den Wohnzimmerschrank, den er liebte, habe ich mit der Axt zu Kleinholz zerlegt. Meine Wut habe ich an dem Schrank ausgelassen. 40 Jahr Schweigen, nur mit meiner Freundin habe ich über den Missbrauch geredet. Es hatte zwar ein Ende, aber die Folgen wirken natürlich heute noch nach.
Früher hatte er eine Glocke auf dem Wohnzimmertisch. Bimmelte die Glocke, mussten sofort alle strammstehen. Höre ich heute eine Glocke, kriege ich sofort die Krise. Wenn ich an sein dreckiges Lachen denke, „Hä Hä, ich kriege dich, ich kriege dich auf den Boden, du kannst mir nicht entwischen“. Ich höre die Stimme noch, obwohl er tot ist. Seinen rotbraunschwarzen Pulli sehe ich heute noch vor mir. Den hätte ich auch gerne zerstört, den bekam ich aber nicht in die Finger.
Er wollte alle kontrollieren und hat überall nur Schäden angerichtet, war aber nie im Knast dafür. Er hat sich immer nur an Schwächeren vergriffen, wohl kalkuliert, dass das keine rechtlichen Folgen hatte. Bei den Anderen hat er sich eingeschleimt, um sein Unwesen und seine Untaten zu verdecken. Das konnte er gut. Ich würde ihn heute in den Boden stampfen. Der war auf seine Weise so extrem geschickt, diese ganze Scheiße abzuziehen und dafür nicht vor Gericht zu landen. Es geht keiner zum Friedhof. Er hat auch keinen Grabstein, nur das kleine Holzbrettchen. Meine Stiefmutter geht nur hin, wenn die Friedhofsverwaltung sich meldet, reduziert schnell das Unkraut, und entfernt sich wieder so schnell es geht.
Meinen Großeltern väterlicherseits habe ich von dem Missbrauch erzählt, und sie haben mir nicht geglaubt. Ich wurde dann verstoßen, war keine Enkeltochter mehr. Mir ging es genauso wie meiner anderen Kusine, die wurde auch von den Großeltern verstoßen, warum weiß ich nicht. Damit meine Mutter eine Waschmaschine vom Sozialamt bekommt, sollte ich auf die Welt. An dem Tag hat er sie vergewaltigt, und dabei war ich entstanden. Im Kinderwagen hat er mich noch die Treppe runtergestoßen.
Ich kann nur jedem empfehlen, über solche Untaten zu reden und alles zu versuchen da auszubrechen. Klar sagen, was alles passiert ist, und das auch veröffentlichen. Das kann anderen helfen, und das ist eine natürliche Reaktion, die Sinn macht. Verzeihen geht hier nicht. Das war zuviel.
Ich habe meine Kinder angerufen, und mich entschuldigt. Ich habe beschlossen, selber vernünftig mit Menschen umzugehen. Ich bin nicht so wie er. Sonst hätte ich keine Freunde. Hassen tue ich ihn noch, und sonst hab ich nix mehr mit ihm zu tun. Meine Tochter habe ich öfter geschlagen, als sie klein war. Überhaupt war ich schnell mit der Hand. Heute weiß ich, dass das keine Lösung ist. Ich habe inzwischen gelernt, mit Konflikten so umzugehen, dass ich Gewalt vermeiden kann. Man kann so gefühlskalt werden, wenn man sowas erlebt hat. Nur Hass bleibt im Hintergrund übrig. Das macht es schwierig, überhaupt Menschen Vertrauen entgegenzubringen.
2017, ich sitze hier, erzähle meine Geschichte. Ich bin jetzt 46. Weine, es ist nicht auszuhalten. Ich denke, ich bin keinen Schritt weiter. Selbstzweifel. Ungerechtigkeit, fehlender Glaube an Gott. Ist es besser sich in Schweigen zu hüllen, nicht mehr reden wollen? Zur Zeit sagt mein Gefühl: ich würde ihn in den Boden stampfen. Die Erde wäre zu schade für ihn. Ich werde versöhnlicher: in der Wüste aussetzten und ihn verrotten lassen.
Ich schaue mir gerne Tatsachenberichte im Fernsehen an. Ich kann da richtig mitfühlen, die Menschen werden richtig krank von solchen Dreckschweinen. Man sieht solche Unmenschen frei rumlaufen. Die Leute, die die Kriege auf der Welt anzetteln, müssen wohl von solcher Sorte sein. An Gott zweifelt man, wenn solche Menschen nicht aufgehalten werden.
2012 wurde dann mein Sohn Lars erstochen. Das Maß war voll, die Krise die danach kam war schwer, mit Stimmen hören und Verfolgungswahn. Der Anwalt des Täters hat mich an meinen Erzeuger erinnert, der hatte auch so eine Art an sich. Wie komme ich zur Ruhe? Ich möchte handlungsfähig bleiben und brauche Distanz und neues Leben, neue gute Erfahrungen um vergessen zu können. Eine gewisse Härte im Leben ist nicht verkehrt. Muss man gucken, wie es läuft.
Meine Mutter wurde 1946 geboren. Wir wohnten im Negerdorf. Es war fast eine Zwangsheirat, meine Mutter hatte schon ein uneheliches Kind und würde angeblich keinen anderen Mann mehr bekommen. Er war Alkoholiker, hat uns geschlagen.
Er hatte Spaß dran die Leute im Bett anzupinkeln. Die Mutter musste arbeiten, und hat freitags eine Alditüte mitgebracht mit Fleisch. Den Hund haben wir laufen lassen, der stand hinterher vor der Tür und musste gebadeten werden. Das hat Herrmann geärgert, und das freute mich und meinen Halbbruder.
Einmal war ich einer Leiter stecken geblieben, und der hat nicht geholfen. Einmal war der Vogel krank, und er hat gesagt er geht damit zum Arzt. Da habe ich noch gesehen, wie er den Vogel vor die Wand geklatscht hat. Wir mussten ständig in der Ecke stehen. Er hat versucht den Hund auf uns hetzten. Selbst der Hund hat gemerkt, was dass für ein Unmensch ist und hat nicht gehorcht. Wir mussten Essen, egal welche Scheiße es gab. Sonst gab es dasselbe nächsten Tag wieder. Zum Kotzen im wahrsten Sinne des Wortes.
Wir wohnten im Hannibal in Dorstfeld. Wir Haben uns im Regen untergestellt und sind von Studenten eingeladen worden. Er hat mir dafür mit der Hundeleine auf den nackten Arsch gechlagen und mich ohne Essen ins Bett geschickt.
7 mal hat meine Mutter versucht sich scheiden zu lassen, und er hat sie immer wieder bequatscht. Dann hat sie die Wut gekriegt. Nachdem wir Vater rausgeklagt haben, war das ein großes Fest. Mutter ist mit der Hundeleine hinter ihm hergelaufen und hat ihn geschlagen dabei. Mein Halbbruder hat sein Schlafzimmer vor Wut auf ihn kurz und klein geschlagen. Herrmann versuchte noch öfter, in die Wohnung reinzukommen, wenn er wusste, dass Mutter nicht da war. Wir hatten große Angst, aber wir haben ihn nie mehr reingelassen.
Die Vormundschaft hat das Jugendamt gekriegt, und die haben mich bei meiner Mutter gelassen. Die hat auch gesoffen, kam nicht klar, nicht mit der Wohnung, und lebte mit falschen Freunden. 2013 ist sie gestorben, an Krebs, Leber und Zucker. 67 Jahre alt ist sie geworden.
Meine Mutter war beim Psychologen. Sie ist gar nicht mehr vom Alkohol losgekommen, hat immer solche Typen gehabt. Im Suff geht dann alle Kultur flöten. Gefressen wird wie die Schweine, die werden wie die Tiere.
Mit 7 Jahren habe ich bei Vaters Schwester gewohnt. Ein halbes Jahr. Dann, mit 7 Jahren, war ich praktisch tot. Ich musste zu meinem Vater, er hatte Besuchsrecht. Ich musste meinen Vater im Badezimmer befriedigen. Ich musste Hausaufgaben machen bei den Großeltern väterlicherseits, und habe Schläge gekriegt wenn die Hausaufgaben Fehler hatten. Oma war ein Drachen, Opa war ok. Wie schon gesagt, nachdem ich das Großeltern väterterlicherseits gesagt hatte, und ich war untendurch. Mit 16 erst habe ich es meiner Mutter erzählt.
Er hat wieder geheiratet und meine Stiefmutter später auf den Dortmunder Straßenstrich geschickt. Mein anderer jüngerer Halbbruder ist kurz nach der Geburt verstorben, er sagte stell dich nicht so an, das macht doch nichts. Meine Stiefmutter wurde total kontrolliert, selbst beim Einkaufen hat er mehrmals per Handy angerufen. Arbeiten war er fast nie, er hat von meiner Stiefmutters Geld vom Strich gelebt.
Als er gestorben ist, da hat meine Tante gesagt, ich würde lügen, als sie von dem Missbrauch erfuhr. Aber später hat sie es dann geglaubt. Dann hat es mir aber schon gereicht, und ich wollte mir ihr nichts mehr zu tun haben. Er hatte Besuchsrecht und ich musste zu ihm hin. Mit Übergriffen. Er hatte mich bedroht, und ich habe keinen gehabt, zu dem ich Vertrauen haben konnte.
Meine Stiefmutter wurde auf dem Straßenstrich hopsgenommen. Er musste nachts zur Wache, und hat sie da abgeholt und nach Hause gebracht. Anscheinend hat die Polizei nichts weiter unternommen. Der Hund von ihm und meiner Stiefmutter hat mich gezwickt, und er fand das lustig. Einmal hat mich auch gebissen.
Später habe ich Briefe geschrieben, er sollte zugeben, was er gemacht hat. Es kamen Briefe zurück, mit der Drohung mich wegen Verleumdung anzuzeigen. Erst mit 17 oder 18 habe ich erfahren, dass ich einen Halbbruder hatte, der nach der Geburt gestorben war. Einmal brauchte ich meine Geburtsurkunde, und er hat geschrieben, wo Steine im Weg liegen, kannste sie an die Seite legen. Ich habe sie mir dann anders besorgt.
Ich bin öfter vorzeitig von der Schule nach hause gegangen, weil ich Hunger hatte, es gab viel zu wenig zu essen, und hab dem Jugendamt das gesagt, meine Mutter hat das aber da abgestritten, und ich stand als Lügnerin da.
Ich war ein halbes Jahr im Heim, weil ich selber da rein wollte mit 14 oder 15. Dann wurds auch in der Schule besser. Ich hatte mich mit den anderen Kindern nicht gut verstanden und bin öfter abgehauen. Nach dem Heim ging ich zu meiner Mutter, dass war der größte Fehler meines Lebens. Da war nur Suff und Chaos, und ich habe die Bude sauber gemacht.
Grundschule, Sprachbehindertenschule und dann 7. oder 8. Klasse die Schule abgebrochen. Ich war etwas langsam. Danach habe ich ein Praktikum bei der Telekomauskunft gemacht. Als Epileptikerin bin ich dort öfter umgekippt von den Kopfhören.
Bei dem Chaos zuhause kann man nicht lernen, und ich galt immer als dumm und verlogen. Ich fing an, zu beweisen, dass ich nicht so doof bin. Später wollte ich zur Abendschule, aber mein Mann hats mir verboten. Der hatte Wechselschicht, und die Tochter war Monitorkind.
Mit 19 habe ich B. geheiratet. Ich wollte in ein normales Leben rein. Klappte erst ganz gut, aber dann habe ich angefangen, die Klappe aufzumachen. Er kam nicht klar mit einer Frau auf Augenhöhe. Wir haben in Derne gewohnt. Meine Tochter kam mit 20, Lars habe ich mit 22 bekommen. Das war ein Drama, diese Ehe. Sie hat 13 Jahre gehalten, dann ließ ich mich scheiden. Er durfte noch bei mir Wohnen, und seine Sachen dann mitnehmen als er auszog. Heute habe ich mit der Sippe eh nix mehr zu tun.
Die ersten drei Monate war die Tochter mehr im Krankenhaus als zuhause. Ich war Epileptikerin, und die Kinder hätten das erben können, und so sollte ich eigentlich keine Kinder mehr bekommen. Aber Lars kam dann trotzdem, wo ich nur einen Monat keine Pille genommen hatte, aber der war gesund. Dann wurde ich mit 25 Jahren sterilisiert. Ich hatte sowieso Periodenprobleme, und wollte das selber.
Die Tochter war als Kind auch Epileptikerin, neben der Kindstodgefährung. Sie schlief viel, wegen der Medikamente, und bei Stress konnte sie einen Anfall bekommen.
Mit 11 hatte ich einen Anfall, und noch einige mehr. War aber ok eigentlich. In der Kinderklinik hatte ich mehrere Anfälle am Tag. Aber mit der Pubertät ging das weg, da habe ich mal Glück gehabt.
Ich habe trotzdem meinen Führerschein gemacht. Mit Gutachten und Attesten, langsam und ganz in Ruhe. Keinen Roller und keinen LKW, und keinen Automatik-Führerschein. Schaltwagen war besser. Ich habe ihn gekriegt, und alle haben doof geguckt.
Mit Lars
In der ersten Verhandlung war es nur Vorsätzliche Körperverletzung mit Todesfolge – und nur 1,5 Jahre auf Bewährung. Die haben sich draußen getroffen, und sich gezofft. Die 2 Typen und die beiden Weiber sind nach oben, und der spätere Täter hat sich bewaffnet. Dann sind wieder runter auf die Straße. Lars und seine Kollegen waren sturzbetrunken, und die nüchtern, und die haben ihn dort angegriffen. Nach 4 Jahren war die 2. Verhandlung, 2,5 Jahre wieder auf Bewährung und 200 Sozialstunden. Der Mann vom Weissen Ring sagt, ein Paragraf greift in den Nächsten. Ich wollte den im Knast sehen. Lars war 18, der Täter auch.
Ein Zeuge, der gesehen hat, wie das genau ablief, hätte alles geändert, aber die waren alle zu besoffen. Der Täter hatte eine Vorstrafe wegen Betrugs. Er war Fußballer für Aplerbeck. In der Trainingsstunde hatte er Morddrohungen ausgesprochen und hatte dort ein Messer im Spind.
Meine Stiefmutter war da und noch wer, ich kam gerade von der Arbeit. Am Telefon hat mein Exmann gesagt, ich weiß nicht wie ich das sagen soll, Lars kommt nicht mehr nach hause… Ich habe vor den Schrank gehauen, und das Telefon vor die Wand geworfen. Dann stehen die von der Kripo vor der Tür: er war selber Schuld sagten die, der war ja so besoffen. Unmöglich, wie die uns behandelt haben von der Kripo. Die von der Seelsorge haben sich gemeldet. Meine Freundin hat Medikamente geholt, die Hütte war voll, ich war morgens noch arbeiten.
Ich wollte wissen, wie Lars gestorben ist. Nächsten Tag bin ich da hin gefahren, wo das passiert ist, und die Blutlache war da noch. Mein Sohn ist ohne uns gestorben. Zwischen 2 und 3 Uhr per Hubschrauber ins Krankenhaus mit Not-OP. Die Polizei hatte erst nicht festgestellt wer das ist. Nächsten Tag war er tot, als wir erst erfuhren was passiert war. Alle Beteiligten wurden erstmal verhaftet. Lars Freundin war die erste, die das erfahren hat, nachdem ein Kollege wieder raus kam. Den Täter haben sie auch festgenommen. Lars war Morgens um 6 Uhr tot. Er wäre gelähmt gewesen, wenn er überlebt hätte. Organversagen wegen Blutverlust.
Der Seelsorger fragt was kann ich denn jetzt tun. Ich war nur am Heulen, sein Freund A. und B., der Vater, auch. Das war am Gründonnerstag, und ich mag kein Ostern mehr. Ich bin zum Hauptfriedhof, ich blieb da stehen. Dienstags nach Derne zum Bestatter. Habe den ganzen Tag gewartet, dass ich meinen Sohn nochmal sehen kann.
Nach dem ich ihn gesehen habe, bin ich in Aplerbeck wieder wach geworden. 6 Wochen LWL. Reha brauchte ich eigentlich, Herr Schäfer, der Arzt, wollte das. Aber die Sozialarbeiterin hat mich einfach entlassen, als der Schäfer nicht im Dienst war. Ich gleich wieder rein, ich hatte Panik zu hause und Verfolgungswahn. Danach 8 Monate Klinik und Reha auf der Traumastation in Bad Fredeburg.
Danach ist Mutter gestorben, im selben Krankenhaus, ich hatte einen Fastzusammenbruch. Am 24.3.2011 Oma mütterlicherseits, Lars am 05.04.2012, Mutter am 10.11.2013. Wie das ist, wenn man sein Kind zu Grabe trägt, werde ich nicht vergessen. Ich war schwer zugedröhnt.
Mein Exmann ist auch aus dem Gerichtssaal gelaufen, und war auch fertig wie sonstwas. Der hat die Psychologengespräche nur abgesessen. Der ist auch fertig, ich habe Angst, dass ihm auch was passiert. Er ist Zugführer und hat von da her mit Selbtsmördern zu tun.
Meinem Bruder hat man nebenbei erzählt, von F. den Sohn haben se abgestochen. Die wussten nicht, das er mein Bruder ist.
Seine Kollegen waren am Weinen, und sie konnten nix sagen, weil sie so besoffen waren. Der Täter hat die Aussage verweigert. Der Anwalt war effektiv, aber der war ein widerlicher Typ, der nur solche Fälle macht. Die Freundin von Lars macht weiter mit bei der Revision, aber ich kann nicht mehr. Ich kann vielleicht nicht mehr. Man will dass er bestraft wird, und man will was getan haben. Die Scheiße läuft immer noch. Wir warten immer noch auf die Revision, auf die Rechtskräftigkeit. Heute wäre es mir zu anstrengend gewesen, als Nebenkläger das alles durchzumachen. Für M., Lars seinen Sohn und mein Enkel, wollte ich, dass ich gekämpft habe.
Jetzt haben wir 2018. Zwischendurch ging es mir relativ gut. Ich habe eine Antipathie gegen Menschen, die dem Arschloch Herrmann ähneln, oder wenn einer Rote Hand ohne Filter raucht. Dann dreh ich durch, dann sehe ich seinen Pullover, dann gehen mir die Nackenhaare hoch.
Heute geht es mir körperlich sehr schlecht. Ich habe Weichteilreumatismus (Fibromyalgie), das ist sehr schmerzhaft und schränkt mich sehr ein. Ich frage mich, wieso mich eine Scheiße nach der anderen trifft. Posttraumatische Belastungsstörung und Depressionen habe sowieso, und zwischendurch mussten Rückenwirbel versteift werden. Jetzt gehe ich 2 mal die Woche zur Krankengymnastik und 1 mal die Woche zum Beine Lympfen. Ich habe ein richtiges Ärztepensum abzuarbeiten. Der Rollator steht auch schon im Wäschekeller bereit.
Hochdosiert Antidepressiva und Morphine reichen nicht wirklich. Die folgenden Fressattacken haben Auswirkungen auf das Körpergewicht. Tiefenentspannung und Autogenes Training hilft auch etwas. Eine blöde Baustelle kommt nach der anderen. Was soll das überhaupt?
Die Pfegestufe mit Gehbehinderung ist bei der Krankenkasse abgelehnt, ist aber noch im Widerspruchsverfahren. Deshalb springt das Sozialamt nicht ein. Und der PTV könnte mich per APP-Verordnung betreuen, aber dafür bin ich nicht verrückt genug. Wenigstens hilft mir meine gesetzliche Betreuerin, die ist wirklich hilfreich. Die Opfernrente wegen Lars ist auch noch in Arbeit, aber hat Aussicht auf Erfolg.
(Pauline F.)
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