Ungünstige Denkstrategien: Auf Lebensgefahr panisch reagieren (T.J.)
Lebensgefahr ist natürlich ein Faktor, der das System Mensch stark bewegt. Das liegt einmal in der Natur von Lebewesen, die ihre Selbsterhaltung eingebaut haben müssen, wenn sie sich selbst erhalten sollen. Beim Menschen gibt es damit generell Komplikationen, weil der Mensch ständig vorausschauend arbeitet und Angst vor Schäden und Gefahren bekommen kann, die noch weit in der Zukunft liegen.
Tiere reagieren nur auf akute Gefahren, die Aussicht im nächsten Winter zu verhungern, haben die einfach nicht auf dem Schirm und können glücklich ihre Zeit verbringen, solange es genug zu fressen gibt. Der Absturz kommt dann zügig, und das Tier verhungert dann eben, wenn es die Lage mit sich bringt.
Der Mensch aber gibt Gas, wenn er voraussieht, dass er im nächsten Winter nicht genug zu essen haben wird. Er bekommt richtig Angst, so, dass er nachts kaum schlafen kann und arbeitet auf Hochtouren, sucht nach einer Lösung für sein lebensgefährliches Problem. Das hat den klaren Vorteil, dass er so die Möglichkeit bekommt, eine Lösung zu finden, weitere Nahrungsquellen aufzutreiben und so den nächsten Winter zu überleben.
Der Nachteil liegt auf der Hand: wenn es gar keine Lösung gibt, ist das Tier hier im Vorteil, es wird ohne Angst und Bauchschmerzen die Zeit des Überflusses genießen, bis eben Ende ist. Als Mensch muss man öfter erkennen, dass es wenig Sinn macht, sich Sorgen zu machen um Gefahren, die man ohnehin weder abwenden noch überleben kann. Etwa die Gefahr eines Atomkrieges war im Kalten Krieg bis in die 80er Jahre hinein latent vorhanden. Aber es gab kaum Möglichkeiten, sich durch Vorsorge wie private Bunker zu schützen, und es gab auf beiden Seiten auch kaum Möglichkeiten, die Militärs zu bremsen und so die Gefahr zu entschärfen.
Viele Menschen haben dennoch in der Friedensbewegung versucht, die Atomkriegsgefahr zu verringern, und manche haben sich richtig teure Bunker gebaut oder sind auf die Südhalbkugel gezogen, wo die Überlebenschancen noch am größten waren. Aber die meisten Menschen haben tatsächlich dieses Problem ausblenden können und haben sich anderen Dingen zugewendet, zumal sowieso das eigene Leben tatsächlich ständig durch Unfälle und Krankheiten bedroht ist, und das auch im zivilisierten Mitteleuropa.
Wenn man sich auf der anderen Seite ansieht, welchen Riesenaufwand Menschen betreiben können, um eigentlich sehr geringwahrscheinliche Gefahren abzuwenden, erkennt man einen anderen Unsinn, zu dem der Mensch fähig ist. Ich erinnere mich noch gut an die Panik mit dem Rinderwahnsinn in den 90er Jahren. Am Ende gab es nur eine Hand voll Menschen, die an der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit tatsächlich durch Rindfleischgenuss erkrankt sind. Dennoch hatten die Verbraucher teils über Jahre Angst vor dem Verzehr von Rindfleisch, und die Rindfleischpreise sind in den Keller gegangen. Gut für arme Leute wie mich, ich esse so gerne Rindfleisch und konnte mich mal richtig an Rindfleisch satt essen.
Die Angst vor Tod und Krankheit begleitet den Menschen, das hat seine Berechtigung, aber das kann auch Blüten treiben. Ich glaube man kommt besser klar, wenn man sich mit der Vergänglichkeit und mit der Gefährlichkeit des Lebens abgefunden hat. Vorsicht im Straßenverkehr und bei Bauarbeiten sowie eine Krankenversicherung sollten ausreichen, das Risiko im privaten Bereich zu begrenzen.
Die Risiken durch Kriegstätigkeit, Umweltschäden und wirtschaftliche sowie soziale Katastrophen werden allerdings eher so vernachlässigt, dass das dann öfter wirklich gefährlich wird. Aber da reicht es ja nicht, wenn man nur selber aktiv wird, diese Katastrophen kann man nur begrenzen, wenn genug andere Menschen auch aktiv werden. Von daher ist es verzeihlich, wenn man da nichts unternimmt.
In einer akuten Psychose leidet die Urteilsfähigkeit und Gefahren können besonders schlecht einschätzen werden. Neigt der Betroffene grundsätzlich, also auch in seinen psychosefreien Zeiten, zur Ängstlichkeit, erwischt es ihn in Phasen der Erkrankung besonders hart.
Wenn man in der Krise dann mit nur scheinbarer Lebensgefahr konfrontiert wird, wirkt sich die eigene Einstellung gegenüber den realen Gefahren des Lebens stark aus. Von daher ist es hilfreich, an seiner Einstellung gegenüber Gefahren zu arbeiten, in Zeiten, in denen man nicht in der Krise ist. Ich vermute, dass der ganze Bereich rund um Angststörungen sensibel auf die eigene Einstellung gegenüber Gefahren reagiert.
Speziell in der akuten Psychose bewirkt die reduzierte Urteilsfähigkeit natürlich den Effekt, dass man auch Gefahren schlecht einschätzen kann, und sich der Wahnsinn gerne auf diesem Gebiet tummelt. Gerade die Mixtur von nichteingeschätzen Eingebungen, übertriebener paranoider Sichtweise und unprofessionellem Umgang mit Lebensgefahr macht dann das Chaos des Wahnsinns komplett.
Mein großes Vorbild ist hier James Bond. Statt Eingebungen, die nicht weiterhelfen, der richtige Instinkt, statt paranoider Verirrungen zuverlässiges Erkennen von echten Feinden und coole, effektive Reaktion trotz akuter Lebensgefahr führt hier vorhersehbar zum Erfolg und damit zur Rettung der Welt. Ich tröste mich damit, das ich das im Film vielleicht auch könnte.
(Tobias Jeckenburger)
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